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Gesundheitswesen in Echtzeit - Rezeptverarbeitung in der cloud

Das Rezept auf dem Weg von der Apotheke zur Krankenkasse - ein Interview mit Frank Böhme, Gründer und Geschäftsführer von scanacs

 

Veröffentlicht am 18.10.2019
Hallo Frank, wir alle kennen den Weg des Rezeptes vom Arzt zur Apotheke aber kaum einer hat eine Vorstellung davon, was dann mit dem Rezept passiert. Du hast scanacs gegründet, um genau dort mit einer Cloud-Lösung anzusetzen und so die Prozessschritte ab der Apotheke zu digitalisieren.

Frank Böhme

Frage 1: Wie bist du auf die Idee gekommen, diesen für die meisten Menschen unbekannten Prozess zu digitalisieren?

FB: In meinen bisherigen Tätigkeiten, ob in der gesetzlichen Krankenversicherung, der Industrie oder bei Dienstleistern, hat sich häufig alles um die Versorgung mit Arzneimitteln gedreht. Hier spielte das an Papier gebundene Rezept mit seinem langen Weg durch das Gesundheitswesen eine zentrale Rolle. Mit Hilfe cloudbasierter Technologien lässt sich nun der gesamte Prozess vollständig digitalisieren und ohne Medienbrüche auf Echtzeit beschleunigen. Diese Idee war der Grund, warum ich 2016 scanacs gegründet habe.

 

Frage 2: Wie sieht denn der Weg des Rezeptes durch das Gesundheitswesen aus und warum muss er auf Echtzeit beschleunigt werden?

FB: Während IT-Technologien in anderen Bereichen wie dem Finanzsektor schon seit vielen Jahren erfolgreich eingesetzt werden, hinkt gerade das Gesundheitswesen hier noch weit hinterher. Die scanacs-Software tritt an, um die Prozesse im Gesundheitswesen gehörig zu entwirren, unnötige Komplexität soll abgebaut, Verwaltungsaufwand reduziert werden. Alle entscheidungsrelevanten Informationen sollen in Echtzeit verfügbar sein. scanacs demokratisiert den Datenaustausch – damit mehr Zeit für den Patienten bleibt.

Aktuell werden jährlich in den mehr als 19.000 Apotheken rund 750 Millionen Rezepte durch Patienten eingereicht. Die Beantwortung der Frage, ob das abgegebene Arzneimittel erstattet wird, dauert aktuell bis zu zwölf Monate. Ein überwiegender Teil der Rezepte wird über Apothekenrechenzentren abgerechnet. Der Prozess beginnt aber bereits in der Apotheke mit der Prüfung der Rezepte. Diese werden gesammelt, i.d.R. zweimal im Monat durch das Rechenzentrum in der Apotheke abgeholt. Dort werden die Rezepte registriert, eingescannt und die Daten in eine Software übertragen. Anschließend werden die Daten zusammengeführt, nach vorgegebenen Kriterien sortiert und die Rechnungen an Apotheken und Krankenkasse erstellt. Anschließend haben die Krankenkassen die Möglichkeit, diese Rechnungen nochmals zu korrigieren, die Apotheke kann dazu Einspruch einlegen und erst als letztes erfolgt der Zahllauf. Wie du siehst, ein sehr komplexer und zeitintensiver Prozess.

 

Frage 3: Wer sind die Nutzer der scanacs-Lösung?

FB: Unsere Lösung verbindet Apotheken direkt mit Krankenkassen. So schaffen wir erstmalig die Möglichkeit, die notwendigen Prüfungen der Krankenkassen auf Erstattungsfähigkeit unmittelbar vor Abgabe eines Arzneimittels in der Apotheke durchzuführen. Gleichzeitig können die Mitarbeiter in den Apotheken bei genehmigungspflichtigen Leistungen über ein Ticketsystem, welches wie ein Messenger-Dienst funktioniert, direkte Anfragen an die versichernde Krankenkasse senden. So sparen auch Patienten unnötige Wege.

 

Frage 4: Was haben Apotheken und Krankenkassen davon?

FB: Im Zuge des zunehmenden Fachkräftemangels senken wir die Arbeitsaufwendungen für die Prüfung der abgegebenen Arzneimittel sowohl in den Apotheken als auch den Krankenkassen deutlich. Die Apotheken erhalten so die Gewissheit, dass die erbrachte Leistung auch bezahlt wird und vermeiden, dass sie sich vielleicht in einem Jahr nochmal mit dieser Verordnung auseinandersetzen müssen. Unsere Kunden können sich also auf zwei Dinge konzentrieren – die Beratung ihrer Patienten und den Verkauf von Produkten.

Bei Krankenkassen entfällt natürlich ebenfalls der Aufwand für die nachgelagerte Rezeptprüfung oder die Aufbereitung der Daten für den Risikostrukturausgleich. Durch die Echtzeitkommunikation entstehen außerdem weitere Möglichkeiten, gerade wenn ich hier an die Bearbeitung von Regressen denke.

 

Frage 5: Mit der elektronischen Gesundheitskarte ist auch immer das eRezept verknüpft. Aktuell wird dazu durch die gematik eine neue Spezifikation erarbeitet, so dass ein zeitgemäßes eRezept eingeführt werden kann. Wie passt die scanacs-Plattform zur Einführung des elektronischen Rezeptes?

FB: Die Initiative des BMG zu Einführung des elektronischen Rezeptes finde ich sehr gut und halte Sie für überfällig. Bei der konkreten Umsetzung entsteht nun ein Wettbewerb, der dem Thema die richtige Priorisierung gibt. Allerdings sehen wir in den meisten derzeitigen Initiativen noch Möglichkeiten der Verbesserung.

 

Frage 6: Was meinst Du hier konkret?

FB: Mit unserer Lösung können wir bereits heute in der Apotheke elektronische Verordnungen annehmen, auf ihre Erstattungsfähigkeit prüfen und zur Abrechnung weiterleiten. Insofern kann die scanacs-Plattform sowohl Transportweg für den Weg zur Krankenkasse als auch „nur“ Ergänzung im Rahmen der Rezeptprüfung bei anderen eVerordnungs-Lösungen sein.

 

Frage 7: Welche wesentlichen Treiber außer der Politik siehst Du für die Digitalisierung im Gesundheitswesen?

FB: Ich denke, das Thema Gesundheit in Verbindung mit Technik sehen viele Unternehmen als Wachstumsmarkt, in dem sich ein Engagement lohnt. Das ist sicherlich anders als vor vielleicht zehn Jahren. Hinzu kommt aber auch, dass heute durch die Anbieter von Cloud-Services Infrastruktur zu einem Preis verfügbar ist, den sich kleine Unternehmen in der Vergangenheit nicht leisten konnten. Gerade wenn sie Sozialdaten verarbeiten ist eine hohe Verfügbarkeit unter Berücksichtigung der DSGVO Plicht. Beides ist nun auch für Start-ups sehr gut vereinbar, was Wettbewerb in etablierten Märkten schafft.

 

Zur Person, zu scanacs:

Mit mehr als zwanzigjähriger Erfahrung in verschiedenen Bereichen des Gesundheitswesens hat Frank Böhme im Jahr 2016 die scanacs GmbH gegründet. Die scanacs GmbH ist ein innovatives Start-up, dessen Vision ein Gesundheitswesen ist, in dem Informationen in Echtzeit und einer Form zur Verfügung stehen, die die Entscheidungsfindung maximal beschleunigt. Das scanacs-Team hat auf der SAP Cloud Platform eine Lösung entwickelt, mit der ärztliche Verordnungen in Echtzeit bei der Arzneimittelabgabe auf ihre Erstattungsfähigkeit hin geprüft werden können. Ziel ist es, die Aufwände für Rezeptprüfung abzuschaffen und eine einfache wie effiziente Kommunikation zwischen Apotheke und Krankenkasse zu ermöglichen.

 

Frank, vielen Dank für das Interview und viel Erfolg für euren Weg zu einem Gesundheitswesen in Echtzeit.

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Das Interview führte Mark Rüdiger.